Matthias Müller

Organist



Der Organist


Durch einen Fehltritt meiner damaligen Klavierlehrerin Edda Töllner, die seinerzeit durch einen Fall aus dem Hinterausgang ihrer Villa sich ein Arm brach, wurde ich auf die Bank der Orgel in Sandkrug bei Oldenburg gesetzt. Dort war sie als Organistin tätig war.
An jenem Heilig Abend saß ich also als junger Knabe und hatte die große Gemeinde das erste Mal hinter mir. Das Schlimme an der Sandkruger Kirche war, das die Führer-Orgel seitlich von der Gemeinde stand und man immer im Blickpunkt war.
Ab diesem Zeitpunkt spiele ich regelmäßig, zuerst die Kindergottesdienste, Taufen etc. Mit dem Umzug nach Neuenburg/Friesland betätigte ich mich ca. 18 Monate an der Friedenskirche in Varel und als Vertretung des Herrn Aukschun an der dortigen Schlosskirche mit ihrer großen Schuke-Orgel.

Meine anschließenden Studien führten mich nach Schwaben, München und Augsburg. An der Berufsfachschule für Musik in Krumbach/Schwaben war ich Schüler des kemptener Kantors Emil Wendler. Dort in Krumbach unterstützte ich den damaligen Organisten. Danach war ich viele Jahre Organist an der Michaelskirche in München, wo ich die schöne neue Orgel des perfekten Orgelbauers Schingnitz einweihen und bespielen durfte. Hier lernte ich auch eine Menge bekannter Organisten kennen, mit einigen verbindet mich heute noch eine lange Freundschaft. Jaroslav Tuma aus Prag und Jan van Mol aus Antwerpen seien besonders erwähnt. Durch die Einweihung der neuen Orgel in meiner Kirche, und einem unerschöpflichen Geldfluss für Konzerte hatte ich die Möglichkeit, viele weltbekannte Organisten und Musiker bei mir als Gast zu haben. Sehr oft war ich in Prag oder Antwerpen zu Besuch.

Als Organist bespielte ich viele Kirchen in München. Besonders interessant war aber die Tätigkeit als „Promiorganist“ auf Schloß Blutenburg. Dort versorgte ich u.A. die Trauungen von Peter Gauweiler, Fam. Hohlmeier mit Musik.
Da Organist und Pfarrer (und auch noch Küster) niemals unter einem Dach wohnen sollten ging ich dann dem Studium in Augsburg auch wohnortsmäßig dort hin. Dort wurde ich von Prof. Karl Maureen erzogen. Ein begnadeter Orgelspieler ohne Starallüren.
Ich hatte die Chorleiterstellen in Augsburg-Haunstetten und die des Mädchenchores in Bachern inne. Dort wirkte der bekannte katholische Theologe H. P. Heinz.

Orgelmäßig standen mir dort alle Türen offen. Augsburg hat eine tolle Orgellandschaft. Meistens spielte ich in der Andreaskirche in Herrenbach, eine Orgel, auf der schon Mozart spielte. Ansonsten gerne bei dem beliebten Pfarrer Peter Zach in Neusäß oder an den beiden großen Ulrichskirchen.

Verschwiegen werden soll auch nicht mein abgebrochenes Studium am Richard-Strauss-Konservatorium in München. Neben hervorragenden Lehrern wie Zöbely und Behringer hatte ich einen Hauptfachlehrer namens Pfeiffer der nichts anderes zu sagen hatte wie: Herr Müller, sie hören ihre Fehler ja selber! Das brachte mir nichts!!
Dann führte mich der Weg nach Osnabrück. Ich hatte dort eine B-Musikerstelle inne und vertrat den Domorganisten sowie die beiden Organisten Hatje und Fuchs an den beiden großen Innenstadtkirchen.
Irgendwann dann kam der Ruf zurück nach Friesland und ich wurde Organist an der historischen Orgel in Horsten und spielte als Regionalkantor oft in der wunderschönen Klosterkirche Reepsholt. Dort standen mir dann alle historischen Orgeln in Ostfriesland und Friesland offen und ich konnte eine Menge Konzerte organisieren oder spielen.
Die Nachbarschaft zum Orgelbaumeister Albrecht Rühlmann führte mich dann nach Sachsen-Anhalt. So landete ich dann über Pfarrer Gunnar Müller und seinen Orgeln in Erxleben und Eimersleben in die Hohe Börde.

Die Sammelleidenschaft meines Vaters und meiner Familie nach Edelsteinen führte uns schon früh an die nordspanisch Küste nach Asturien. Die Reparatur verschiedener Orgeln und Harmoniums führte dann nach und nach zu einer immer größer werdenden Konzerttätigkeit. Daraus wurde dann eine regelmäßige Teilnahme am Festival in Medina de Rioseco oder dem Orgelfestival von Asturias. Die Freundschaft zum berühmten Passionistenpater und baskischen Komponisten, Dirigenten und Chorleiter Paskal Barturen führten mich nicht nur zur baskischen Musik sondern auch an viele Orgeln dort.

Schon lange vor der „Entdeckung“ der französischen Cavaille-Coll-Orgeln spielte ich dort auf ihnen Konzerte und Amtshandlungen. Besonders die Bekanntschaft zu dem Organisten Azque in Santa Maria/San Sebastian öffnete mir viele Tore.
Nach Casilla-León kam ich durch Zufall (Mineraliensuche). Daraus wurde dann eine Freundschaft zu vielen Organisten, Chören, Privatpersonen, Bischöfen, Erzbischöfen, Präsidenten (die wechseln ja auch!), Pfarrern, Bürgermeistern etc. etc.
Zuhause bin ich in Spanien bei den Clarissen von Villaviciosa, in Arroes bei Familie Diaz-Menendez oder Alfonso und Esmeralda Llera-Vasquez. Ein Winterquartier habe ich oft in der Basilika Sacrada Corazon in Gijon oder beim berühmten Konditor Feliz Novo in Medina de Rioseco.

So gibt es also kaum eine Orgel in Asturien und Castilla-León die ich nicht kenne. Im Baskenland fehlt schon mehr. Auch Barcelona blieb mir durch die lange Freundschaft zur spanischen Orgelmeisterin (La maestra) Monserrat Torrent nicht verschlossen. Mit dem berühmten Dirigenten Angel Colomer i Colomer und dessen Orchester spielte ich einige Mozartmessen in Katalunien. Der konzertmäßige Höhepunkt war ein Konzert mit Orchester und Chor an der großen Orgel im Schauspielhaus Berlin, heute Konzerthaus am Gendarmenmarkt.

Inzwischen habe ich über 550 Orgeln weltweit gespielt. Gute und Schlechte. Und noch mehr Orgeln gehört. In Konzerten, in zum Teil total langweiligen Orgelkonzerten oder herausragende Organisten mit einem Programmen, die weit am Publikum vorbei gehen. Nicht jeder hat Kirchenmusik studiert.

Also habe ich schon seid vielen Jahren mein Konzept geändert:

Ich habe mir im Laufe der Jahre ein Repertoire mit Orgelwerken zugelegt (welches ständig erweitert wird), mit dem ich mich grundsätzlich sehr schnell den örtlichen Begebenheiten anpassen kann. Sei es mit der größe der Orgel sei es von der Art des Publikums. Man kann auch mit einer sehr kleinen Orgel ein schönes Konzert gestalten. Und man darf nie vergessen, das der normale Konzertbesucher sich einfach der Musik erfreuen will. Schöne Melodien, ein bischen Humor, mal etwas schönes Meditatives.... .Keine großen Bach Reger Widor.... etc..... Und die Nähe zum Publikum vor und nach den Konzerten ist mir wichtig.

Was ich verabscheue sind Bearbeitungen für Orgel oder irgendwelche "Showorganisten" oder "Orgelvirtuosen".... Die Einen ziehen nur aufs Geld ab, die Anderen mögen nur ihr Können zeigen.

Der wichtigste Termin nach einem Orgelneubau bzw. nach einer Orgelrestauration ist das erste Konzert. Spielt dort ein Organist der nur sein Virtuosentum heraushängen läßt und dann noch mit einem Progamm, welches nur ein Fachpublikum versteht kann man sicher sein, das folgende Konzerte gleich schlechter besucht werden. Oder fast gar nicht mehr.

Also habe ich mir in den letzten 30 Jahren sehr sehr viel Mühe gegeben, habe in vielen Ländern zahllose Bibliotheken, Antiquariate, Flohmärkte abgegrast (und tue es immer noch) um neue, interessante Orgelmusik für mich und für den Zuhören zu finden.

Den Blick über den angestaubten Horizont hinweg setzen, das war schon immer mein Motto als ich mit 12 anfing Gottesdienste zu spielen. Soli deo gloria und dem Zuhören zum Gefallen... ohne ständig irgendwelche "Orgelhits" herunterzuleihern..... das bin ich.


 


An der letzten Orgel von Cavaille-Coll in Azkoitia, Baskenland



Konzert im Schauspielhaus Berlin mit den Pommerschen Philharmonikern und der Capella Berlin. Der Punkt an der Orgel bin ich.

In der Basilika St. Ulrich und Afra in Augsburg

Sta. Maria in Cangas de Onis, einer meiner Heimatkirchen in Spanien

Hier spiele ich regelmäßig 2 bis 3 Mal im Jahr, in Pakens

Heimspiel auf der Mozartorgel in Augsburg-Herrenbach

Malvern Priory 2010

Laura am wunderbar klingenden Portativ meines Freundes, dem Wilhelmshavener Orgelbauer Wolfgang Hartig bei einem Konzert in Pakens

Natürlich Koche und Backe ich gerne



Extrakt aus dem Orgelrepertoire:

Werke spanischer und baskischer Komponisten wie: Larrañaga, Donostia, Udzantizaga, Elduayen, Beobide, Longbide, Gorriti, Urteaga, Gorostidi...

Das komplette Werk von Jesus Guridi (unter ihnen auch das Triptico del buen Pastor und unveröffentlichte Werke) und das Werk von Eduardo Torres

Werke, zum Teil Raritäten von: Beethoven, Boëllmann Buxtehude, Brixi, Charpentier, Clérambault, Dupuis, Elgar, Fasch, Francaix, Franck, Frescobaldi, Griffiths, Haydn, Hayes, Horrocks, Knecht, Kuhnau, Langlais, Lefebure Wély, Liszt, Masek, Morandi, Mozart, Mushel, Oldroyd, J. Pachelbel, W. H. Pachelbel, Reger, Schroeder, Seixas, Sorge, Stanley, Sweelinck, Telemann, Travers, Vierne, Yon, Pool, Ruppe, Silver, Slogedal, Vanhal, Widor, Young

Werke von J.S. Bach

Die Sonaten und Sinfonien von Padre Davide de Bergamo

Die „Noëls“ von Daquin.

Das komplette Werk von Max Drischner

Diverse Orgel/Cembalopartien von Messen und Oratorien

Somit eine große Auswahl an Werken für Kleinstorgel bis zur Konzertorgel.